Leonardo Enz (19) spricht als Corris-Mitarbeiter Passanten an und versucht, sie als SpenderInnen für SWISSAID zu gewinnen. Ein Interview im SWISSAID-Mitgliedermagazin «Spiegel».
SWISSAID: Leonardo, es ist kalt und windig im Bahnhof Bern, die meisten Passantinnen und Passanten sind in Eile und weisen dich ab, bevor du ihnen von SWISSAID erzählen konntest. Wie motivierst du dich?
Leonardo Enz: Ganz klar, ich stehe voll hinter der Sache. Für Beauty-Produkte würde ich den Job nicht machen. Die Absagen hört man irgendwann kaum mehr. Die Leute individuell richtig anzusprechen, bleibt eine spannende Herausforderung. Zudem ist es für mich eine Zwischenstation, die Arbeit bei Corris ist kein Job für die Ewigkeit.
Was kommt nachher?
Ich habe letzten Sommer die Lehre als Koch abgeschlossen. Nun überbrücke ich die Zeit vor dem Militär, verdiene etwas Geld und kann mich für eine gute Sache einsetzen.
Dein Einsatz für SWISSAID wirkt glaubwürdig.
Ich habe brasilianische Wurzeln und in Rio selbst gesehen, dass es Menschen gibt, die extrem arm sind, keine Rechte haben und aus eigener Kraft kaum aus ihrer Situation herauskommen. Strassenkinder zum Beispiel. SWISSAID arbeitet mit den Ärmsten der Armen und hilft ihnen, ihr Leben langfristig zu verbessern. Diese Arbeit zu unterstützen, macht mich zufrieden.
Du giltst als erfolgreicher Fundraiser mit fünf Spendenzusagen pro Tag. Was ist dein Erfolgsrezept?
Ich gehe offen auf die Leute zu. Drei Gesprächsthemen biete ich an und lasse die Passanten wählen: Hungerbekämpfung durch Biolandbau, Wassermangel oder Frauenrechte. Ich bin gut informiert und kann erzählen, wie sich SWISSAID in den einzelnen Bereichen engagiert. Aber Vorsicht mit vorschnellen Urteilen.
Wie meinst du das?
Mit der Zeit glaubst du, die Leute zu kennen: Ab 35 Jahren interessieren sie sich für Biolandbau, Frauen wollen über Frauenförderung sprechen und das Thema Wasserknappheit überzeugt die letzten Zweifler. Und dann ist es anders, der Lehrling mit den Markenturnschuhen will über Bio reden und du erkennst, dass du vorschnell geurteilt hast.
Was überzeugt die Leute schliesslich, für SWISSAID zu spenden?
Ich mache ihnen mit Beispielen aus ihrem Alltag begreiflich, von welchen Beträgen wir sprechen. Das funktioniert auch bei den Jungen: 20 Franken im Monat bedeuten, einmal weniger im McDonald‘s zu essen. In der Schweiz sind wir privilegiert, so ein Betrag ist für viele Leute ein Klacks. Für die Menschen in der Dritten Welt bedeuten 20 Franken aber eine Perspektive auf ein langfristig besseres Leben. Die Familien können sich selber aus ihrem Elend befreien, den Hunger überwinden. Dieser Selbsthilfe-Ansatz von SWISSAID kommt bei den Leuten gut an.
Interview: Zora Schaad, SWISSAID
Über die Zusammenarbeit von SWISSAID mit der Corris AG
Corris-Mitarbeitende sammeln im Auftrag von SWISSAID Spendenzusagen. An Ständen in Innenstädten und Bahnhöfen informieren sie mit Tablets über SWISSAID. Corris engagiert sich für viele Hilfswerke und kann deshalb die Kosten auf viele Schultern verteilen. Mehr Infos zum Dialoger-Job unter www.thejob.ch.
Dieses Interview aus dem SWISSAID-SPIEGEL 2/2015 ist hier auch als PDF im Original-Layout abrufbar.